Sprunglinks

Interpret

Newsletter
Juni 2019

Lesestoff für die Sommerpause

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Gerade noch rechtzeitig vor den grossen Sommerferien liefern wir Ihnen Lesestoff zu folgenden Themen:

  • Mitgliederversammlung und Jubiläum: Rückblick und Zusammenfassung
  • Einsatzstatistiken 2018: Auswertung und Einordnung
  • Paradigmenwechsel bei der Finanzierung: BAG unterstützt die Position der GDK
  • Neues Positionspapier des BDÜ zur Finanzierung des Dolmetschens im Gesundheitswesen
  • Qualifizierungsstelle: Neue Übersicht über die sprachlichen Anforderungen für das Zertifikat INTERPRET bzw. für die Zulassung zur eidgenössischen Berufsprüfung
  • "Ramadan kommt immer so plötzlich": Rezension eines neu erschienenen hervorragenden Leitfadens zum Umgang mit "islamischen" Phänomenen im Bildungsbereich
  • Erreichbarkeit von INTERPRET über die Sommerwochen

Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre - und einen schönen Sommer!

Team INTERPRET


Mitgliederversammlung und Jubiläum vom 15. Mai

Am 15. Mai fanden in der Aula des PROGR in Bern die diesjährige Mitgliederversammlung und eine "kleine aber feine" Feier zum 20-jährigen Jubiläum von INTERPRET statt.

Bei der Mitgliederversammlung ist die Wahl von zwei neuen Vorstandsmitgliedern hervorzuheben: Mit Brigitte Pahud Vermeulen und Thomas Heyn (letzterer als Delegierter der Konferenz der Kantonalen Integrationsdelegierten KID) konnten die anwesenden Mitglieder zwei Personen neu in den Vorstand wählen, die viel Erfahrung im Integrationsbereich bzw. in der Zusammenarbeit mit Dolmetschenden mitbringen. INTERPRET heisst die beiden herzlich willkommen und freut sich auf die Zusammenarbeit.

Die Jubliäumsfeier bot die Gelegenheit für einen Rückblick auf die vergangenen 20 Jahre, mit kurzen, pointierten, persönlichen Berichten von ausgewählten Personen, die für die Geschicke des interkulturellen Dolmetschens im Allgemeinen sowie von INTERPRET im Besonderen prägend waren bzw. sind.

Auf der Homepage von INTERPRET unter INTERPRET > Verein steht Ihnen das Protokoll der Mitgliederversammlung sowie eine Zusammenfassung der Jubiläumsfeier zum freien Download zur Verfügung.


Einsatzstatistiken 2018

INTERPRET hat die Einsatzstatistiken von 22 Vermittlungsstellen zusammengestellt und analysiert.

Zum ersten Mal seit der Erfassung der Einsatzstatistiken haben die Einsatzzahlen im Jahr 2018 kaum mehr zugenommen. Beim Dolmetschen vor Ort ist sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen, der durch eine Zunahme beim Telefondolmetschen aber praktisch ausgeglichen wird. Mit insgesamt rund 336'000 Einsatzstunden in 270'000 Einsätzen – oder über 900 Stunden bzw. 730 Einsätzen pro Tag – bewegt sich die Nachfrage aber weiterhin auf sehr hohem Niveau.

55% der Einsätze haben im Gesundheitsbereich stattgefunden. Dieser Bereich steht somit weiterhin an der Spitze, gefolgt vom Sozialwesen (28%), dem Bildungsbereich (12%) und weiteren Einsatzorten (in erster Linie im Justiz- und Asylbereich, 5%).

Keine grösseren Veränderungen gab es auch bei den Einsatzsprachen: Die 12 am häufigsten eingesetzten Sprachen waren 2018 dieselben wie im Vorjahr. Unverändert an der Spitze liegt Tigrinya mit über 40'000 Einsätzen pro Jahr.

Der Anteil Einsätze, welcher 2018 durch qualifizierte Dolmetschende und Vermittelnde geleistet wurde, liegt mit 53% etwas über der Hälfte und damit noch weit von den Erwartungen und Zielen entfernt. Die Unterschiede zwischen den Vermittlungsstellen sind gross:

INTERPRET betrachtet jene Personen als qualifiziert, die mindestens über das Zertifikat INTERPRET verfügen. Der Wechsel zwischen den grünen Farbtönen (qualifiziert) und den orange-roten (nicht qualifiziert) markiert diese Grenze und macht den Anteil Einsätze durch qualifizierte bzw. nicht qualifizierte Dolmetschende und Vermittelnde pro Vermittlungsstelle deutlich.

AOZ Medios, der nationale Telefondolmetschdienst NTDD und Appartenances führen die Rangliste mit über 70% durch qualifizierte ikDV geleistete Einsätze an. Appartenances verfügt über den höchsten Anteil an Einsätzen von Fachausweisinhaber*innen (beinahe 30%). Die Schlusslichter in dieser Rangliste bilden die 2016 gegründete private Vermittlungsstelle Connexxion mit 4% und die Vermittlungsstelle des Forums Migration Oberwallis (7%). 

Für INTERPRET stellt sich immer stärker die Frage, wie die Anteile von Einsätzen durch qualifizierte Dolmetschende verbessert werden kann. Die Bemühungen von INTERPRET im Bereich Qualifizierung und Öffentlichkeitsarbeit reichen dazu offensichtlich nicht aus, die weitere Einflussnahme liegt aber ausserhalb der Kompetenzen von INTERPRET. Immer deutlicher wird, dass die Einführung von verbindlichen Mindeststandards und deren Einfordern im Rahmen von Leistungsvereinbarungen und Subventionsverträgen zumindest geprüft werden sollte.

Den Statistikbericht und den Anhang finden Sie auf unserer Homepage unter Statistiken oder untenstehend als PDF:


Paradigmenwechsel bei der Finanzierung: BAG unterstützt die Position der GDK

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) unterstützt die Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und Gesundheitsdirektoren (GDK) zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit (März 2018). Gemäss Gesetzesauslegung durch die GDK sind zur Erfüllung des Leistungsauftrags nach Art. 39 Abs. 1 Bst. E KVG Übersetzungs- oder Dolmetscherdienste zwecks Gewährleistung des sprachlichen Verständnisses als Voraussetzung der Indikations- und Behandlungsqualität zwingend zu gewährleisten. Dolmetscherdienste sind als Bestandteil der Fallpauschale zu betrachten und damit Teil der medizinischen Leistung. Diesen Paradigmenwechsel begrüsst INTERPRET sehr. 

Das BAG stellt folgende Informationen zum interkulturellen Dolmetschen und zur Frage der Finanzierung zur Verfügung:

  • BAG Homepage: Wissensgrundlagen interkulturelles Dolmetschen, Finanzierung
  • Faktenblatt (PDF): Finanzierung des interkulturellen Dolmetschens im Gesundheitswesen durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP)

Neues Positionspapier des BDÜ

Zur Finanzierung und Qualitätssicherung von Dolmetschleistungen im Gesundheitswesen

Der deutsche Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) fordert in einem Positionspapier eine bundesweit einheitliche Regelung der Finanzierung sowie Mindestkriterien für die Ausübung dieser anspruchsvollen Tätigkeit. Das Positionspapier analysiert die Situation in Deutschland, die Schlussfolgerungen lassen sich aber vollumfänglich auf die Schweiz übertragen. Unter anderem sind folgende Aussagen hervorzuheben: 

Voraussetzung für den Erfolg einer Behandlung ist zweifelsfrei die reibungslose Verständigung im gesamten Prozess von der Anamnese über die Therapie bis hin zur Nachsorge.

Schwierigkeiten in der Kommunikation mit fremdsprachigen Patient*innen führen nicht nur zu einer Belastung der Patientin bzw. des Patienten, sondern auch des Gesundheitssystems insgesamt - und zwar in fachlicher, finanzieller und rechtlicher Hinsicht:

  • Die Patientensicherheit ist gefährdet.
  • Ärztinnen und Ärzte handeln in einem juristischen Kontext - die gängige Praxis sorgt jedoch für Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Frage, wer im Schadensfall wegen Verständigungsproblemen haftet. 
  • Für dolmetschende Angehörige ist die Sekundärbelastung untragbar.
  • Aufgrund unnötiger Mehrfach- oder Fehluntersuchungen entstehen dem Gesundheitssystem Mehrkosten die letztlich von den Versicherten bzw. den Steuerzahler*innen getragen werden.

Mit einer Übernahme der Dolmetschkosten sollten konsequenterweise auch Mindestanforderungen für Qualitätsstandards verknüpft werden. Ebenso muss das medizinische Personal im Umgang mit Dolmetschenden geschult werden, idealerweise im Rahmen der Ausbildung oder in Form von gezielten Weiterbildungen. 


Qualifizierungsstelle: Sprachliche Anforderungen auf den verschiedenen Abschlussniveaus

Welches Sprachniveau in der lokalen Amtssprache (Deutsch, Französisch oder Italienisch) wird für welchen Abschluss verlangt, und welche Nachweise werden akzeptiert? Um diese häufig formulierten Fragen und Unsicherheiten klarer beantworten zu können, hat die Qualifizierungsstelle die entsprechenden Vorgaben neu formuliert (ohne sie inhaltlich zu verändern!). Neu werden die Sprachanforderungen für die beiden Abschlussniveaus im System INTERPRET separat beschrieben. 

Die Unterlagen finden Sie auf unserer Homepage unter Ausbildung und Qualifizierung > Sprachkompetenzen oder untenstehend als PDF:


Ramadan kommt immer so plötzlich

Das Zentrum für Religionsforschung der Universität Luzern hat einen "Leitfaden mit Hinweisen und Ideen für die berufliche Praxis" zum Umgang mit bekannten, oft medial diskutierten Problemstellungen im schulischen Kontext herausgegeben. Diskutiert werden eine Vielzahl konkreter Situationen, die aufgrund vermeintlich oder tatsächlich religiös bedingter Unterschiede das Potential für Missverständnisse und Konflikte haben. Sorgfältig werden die Situationen zum Einen aus islamwissenschaftlicher Perspektive analysiert und zum Anderen aus dem Blickwinkel der verschiedenen Betroffenen kommentiert. Zu jeder Situation werden anschliessend konkrete Handlungsoptionen und -empfehlungen formuliert.

Das Autorenteam hat die Herausforderung eines solchen Leitfadens im Spannungsfeld zwischen "zu viel Beachtung schenken" und "zu stark relativieren / negieren" hervorragend gemeistert. Es gelingt ihnen, die Irritationen der Beteiligten glaubwürdig und wertfrei darzustellen, mögliche (religionswissenschaftliche) Erklärungen zu skizzieren, verschiedene Perspektiven zu ermöglichen und konkrete Hinweise, Empfehlungen und Verhaltensoptionen vorzuschlagen, ohne dabei jemals belehrend zu wirken. Der Leitfaden verzichtet auf verallgemeinernde (und dadurch kulturalisierende wenn nicht gar stigmatisierende) "Rezepte" für den Umgang mit bestimmten Gruppen und trägt auf ausgesprochen professionelle, wertschätzende und konstruktive Art zur Versachlichung bei. Die Mehrschichtigkeit der verschiedenen als problematisch empfundenen Situationen wird ebenso deutlich wie die Tatsache, dass diese letztlich immer nur im direkten, offenen, wertschätzend geführten Gespräch mit den beteiligten Individuen gelöst werden können.

INTERPRET gratuliert den Autor*innen für diesen hervorragenden Beitrag zur Verständigung und empfiehlt den Leitfaden wärmstens zur Lektüre und Verbreitung.


Sommerpause

Während den Sommerferien (6. Juli bis 12. August) sind das Kompetenzzentrum und die Qualifizierungsstelle von INTERPRET unregelmässig besetzt. Vom 27. Juli bis zum 4. August sind die Büros von INTERPRET geschlossen.

Dolmetschsprachprüfungen, welche in der Zeit vom 12. August bis 7. September stattfinden sollen, müssen vor dem 5. August organisiert werden.

Ich brauche eine interkulturell dolmetschende Person

In der Regel läuft die Vermittlung einer interkulturell dolmetschenden Person über die regionalen Vermittlungsstellen. Sie vermitteln professionelle Dolmetschende vor Ort und via Telefon und Video.

In der Datenbank der ikDV können Sie direkt nach zertifizierten interkulturell Dolmetschenden suchen.

Ich interessiere mich für die Ausbildung

Die Ausbildung wird von Institutionen in den verschiedenen Regionen durchgeführt. Kursangebote, Termine etc. finden Sie in der Rubrik Aktuelle Kursangebote.

Das Qualifizierungssystem von INTERPRET (Zertifikat INTERPRET, Eidg. Fachausweis) wird in der Rubrik Qualifizierungssystem INTERPRET erklärt. 

Weitere Informationen erhalten Sie bei der Qualifizierungsstelle (031 351 38 29) von 9:00 bis 12:30.